Das Gerücht

Ein Nachbar hatte über Herrn Meier schlecht geredet. Herr Meier hatte von den Gerüchten gehört und stellte den Nachbarn zur Rede.
"Ich werde es bestimmt nicht wieder tun", versprach der Nachbar. "Ich nehme alles zurück, was ich über Sie erzählt habe."
Meier sah den anderen ernst an. "Ich habe keinen Grund, Ihnen nicht zu verzeihen", erwiderte er. "Jedoch verlangt jede böse Tat ihre Sühne."
"Ich bin gerne zu allem bereit", sagte der Nachbar zerknirscht.
Meier erhob sich, ging in sein Schlafzimmer und kam mit einem grossen Kopfkissen zurück. "Tragen Sie dieses Kissen in Ihr Haus, das hundert Schritte von meinem entfernt steht", sagte er. "Dann schneiden Sie ein Loch in das Kissen und kommen wieder zurück, indem Sie unterwegs immer eine Feder nach rechts, eine Feder nach links werfen. Dies ist der Sühne erster Teil."
Der Nachbar tat, wie ihm geheissen. Als er wieder vor Meier stand und ihm die leere Kissenhülle überreichte, fragte er: "Und der zweite Teil meiner Busse?"
"Gehen Sie jetzt den Weg zu Ihrem Haus zurück und sammeln Sie alle Federn wieder ein."
Der Nachbar stammelte verwirrt: "Ich kann doch unmöglich all die Federn wieder einsammeln! Ich streute sie wahllos aus, warf eine hierhin und eine dorthin. Inzwischen hat der Wind sie in alle Himmelsrichtungen getragen. Wie könnte ich sie alle wieder einfangen?"
Meier nickte ernst: "Das wollte ich hören! Genau so ist es mit der Nachrede und den Verleumdungen. Einmal ausgestreut, laufen sie durch alle Winde, wir wissen nicht wohin. Mann kann sie nicht wieder zurücknehmen?"

"Das Gerücht tat, was in seiner Natur lag, es verbreitetet sich." Welche Gedanken haben Sie zu dieser Geschichte?

 

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Freundlichkeit ist eine Sprache, die Taube hören und Blinde lesen können.

Mark Twain